Der Philosophenweg vor knapp 600 Jahren: Recherchen für die nächste Zeitreise

Im dritten Teil der Geschichte von Professor Balduins Zeitmaschine wohnt der Professor im Heidelberger Philosophenweg. Die Zeitreise geht diesmal ins Jahr 1425 und soll im Garten seiner Villa starten. Kenner der Serie wissen natürlich, dass Balduins Zeitmaschine sich – ganz wie ihr berühmtes Vorbild - nur in der Zeit, nicht aber im Raum bewegen kann. Sie wird in der Vergangenheit also genau an derselben Stelle stehen, an der sie sich im Jahr 2014 befindet; nämlich dort, wo sich in der Gegenwart der Garten des Professors befindet. Die Zeitreisenden – und der Autor – fragen sich damit berechtigterweise, wie es damals dort ausgesehen hat.

Ein diesbezüglicher Versuch, die Geologie als Hilfsdisziplin einzuspannen, scheiterte kläglich. Ich musste lernen, dass man sich dort für alles interessiert, was 2.000.000 Jahre oder älter ist und für die Dinge, die danach kamen, auf die Geographen, Archäologen und Historiker verweist. Von den Geologen hätte ich mich also eher zum ersten Teil beraten lassen sollen.

Die Anfrage war aber keinesfalls vergebens, denn ich erhielt einen guten Tipp: Ich solle mir die Stiche anschauen, in denen Matthäus Merian im 17. Jahrhundert Heidelberg dargestellt hat. Diese Abbildungen bildeten den Ausgangspunkt meiner Recherche, die sich in den folgenden Arbeitsnotizen niederschlug:

Ferdinand Kobell: Alte Brücke in Heidelberg (1789)
Ferdinand Kobell: Alte Brücke in Heidelberg (1789)
  • Das große Heidelberg-Panorama von Sebastian Münster, der noch etwas früher dran war als Merian (1550), beschränkt sich offenbar auf das linke Neckarufer (also die Schlossseite).
  • Matthäus Merian hat 1645 tatsächlich auch einen Stich vom Heiligenberg (rechtes Neckarufer) angefertigt, aber man sieht nur den oberen Teil, der bis auf das Kloster bewaldet und unbewohnt erscheint.
  • Gerrit Berckheyde hat das Schloss 1670 vom rechten Neckarufer aus gemalt und ganz rechts im Bild ist ein Stück des Heiligenbergs zu sehen. Hier sind keine Häuser zu erkennen.
  • Ferdinand Kobell hat einen der Vorgängerbauten der Alten Brücke 1789 nach dem Eisschaden gemalt. Im Hintergrund sieht man den bewaldeten und fast unbebauten Heiligenberg.
  • Eine nur noch im Internet-Archiv zur Verfügung stehende Arbeit beschreibt einen Verfallsprozess der Klosterkultur auf dem Heiligenberg, der zwischen 1231 und 1550 stattfand. Die Handschuhsheimer Bauern begannen, den Bergwald als Viehweide zu nutzen. Der Verfall führte schließlich dazu, dass der Senat der Universität 1589 beschloss, die Trümmer der Klöster abzureißen, weil sie "üblem Gesindel" Unterschlupf boten. Diese Informationen sind nicht direkt auf die Frage bezogen, aber trotzdem verwertbar.
  • Eine Hinweistafel vor Ort beschreibt, dass die Weinberge auf dem Gebiet des Philosophenwegs im 19. Jahrhundert bei Spaziergängern beliebt waren und in der zweiten Jahrhunderhälfte die Umwandlung in Obst- und Hausgärten begann.

Mit diesen Punkten ist natürlich noch kein Beweis geführt, aber ich würde trotzdem davon ausgehen, dass das heutige Wohngebiet des Philosophenwegs im Jahr 1425 bewaldet und unbewohnt war. Besonders die Darstellung von Kobell deutet darauf hin, und eine Lichtung, die dafür sorgt, dass die Zeitmaschine nicht zwischen zwei Bäumen eingeklemmt wird, ist der schriftstellerischen Freiheit allemal vorbehalten. Die Zeitreise könnte also durchaus im Garten des Professors starten. Oder - diese Idee kam mir bei der Recherche – der Professor schafft es irgendwie, die Zeitmaschine bei Nacht und Nebel zur Thingstätte zu transportieren und von dort zu starten. Da gibt es nur ein Problem ... Davon aber später mehr.